Übernahmen und Fusionen Chinesen lieben deutsche Firmen

26.04.2012

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Übernahmen und Fusionen

Chinesen lieben deutsche Firmen

Von Christoph Rottwilm

Milliardenübernahmen: Die größten M&A-Deals im ersten Quartal
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Erstmals seit Beginn der Krise 2008 belebt sich der deutsche Markt für Übernahmen und Fusionen wieder. Besonders kauffreudig zeigen sich Investoren aus China - auch in Branchen, in denen man sie bislang kaum gesehen hat.

Hamburg - In Deutschland kommt das Geschäft mit Übernahmen und Fusionen (M&A) wieder in Gang. Der "ZEW-Zephyr M&A Index Deutschland" etwa, der sich schon seit Beginn der Wirtschaftskrise 2008/2009 beinahe nonstop auf Talfahrt befindet, könnte 2012 wieder steigen. Das prognostizieren die Indexanbieter, das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) zusammen mit dem Informationsdienstleister Bureau van Dijk (BvD), in ihrem aktuellen M&A-Report.

Ein Grund: Seit Anfang 2011 habe die Zahl der Gerüchte und Bekanntmachungen von M&A-Deals deutlich zugenommen. Dies sei ein Signal für eine möglicherweise zunehmende Dynamik der M&A-Aktivitäten im Jahr 2012.

In die Richtung deuten auch Daten der Informationsagentur Mergermarket mit Sitz in London. Demzufolge belief sich das Volumen der M&A-Transaktionen am deutschen Markt im ersten Quartal 2012 auf 11,8 Milliarden Euro. Es lag damit zwar etwa 17,5 Prozent unter dem Wert der ersten drei Monate des vergangenen Jahres, so die Analysten. Das vierte Quartal 2011 jedoch sei um nicht weniger als 218 Prozent übertroffen worden.

Auch die internationale Kanzlei Allen & Overy, die ebenfalls im M&A-Markt aktiv ist, spricht von einer "Basis für zurückkehrendes Vertrauen in den Markt".

Die Fachleute beobachten zudem eine Besonderheit: Chinesische Investoren drängen mit Macht ins deutsche M&A-Geschäft.

Chinesen weiten ihren Aktionsradius aus

Schon in den vergangenen Jahren war reges Interesse aus China zu beobachten. Berichten zufolge gingen allein 2011 mindestens 15 deutsche Firmen an Käufer aus der Volksrepublik. China unterscheidet sich damit wesentlich von anderen Schwellenländern wie den BRIC-Staaten Indien, Russland und Brasilien. Von dort werden zwar seit längerem ebenfalls Übernahmeambitionen in Deutschland erwartet. Bislang halten sich die Aktivitäten aber in Grenzen.

Anders verhält es sich im Falle Chinas. Dessen Investoren sind nicht nur kauflustig. Sie weiten nach Beobachtung von Allen & Overy auch ihren Aktionsradius aus. "Bislang waren die Chinesen darauf spezialisiert, Autozulieferer aus Insolvenzen und Schieflagen heraus zu erwerben", sagt Michael J. Ulmer, Partner des Unternehmens. "Die jüngsten Deals passen allerdings nicht mehr in dieses Schema. Die chinesischen Investoren erweitern ihren Branchenfokus und werden zunehmend zu einer Größe auf dem deutschen M&A-Markt."

Tatsächlich hat es eine Reihe von Unternehmenskäufen aus dem Reich der Mitte im kriselnden deutschen Autozuliefersektor gegeben. So erwarb der Staatskonzern Chongqing Light Industry & Textile (CQLT) im Juni 2011 die deutsch-luxemburgische Saargummi-Gruppe. Ebenfalls im vergangenen Jahr ging die Mehrheit der Preh-Gruppe mit Hauptsitz in Bad Neustadt an der Saale an die Ningbo Joyson Investment Holding. Wesentliche Teile der Sellner-Gruppe wechselten zudem an Ningbo Huaxiang Electronic, und Citis Dicastal erwarb den Leichtmetallspezialisten KSN Castings. Jüngstes Glied in der Kette ist der Erwerb des Türschlossherstellers Kiekert durch die chinesische Hebei Lingyun.

Andere aktuelle Transaktionen stützen nun jedoch die These, dass die Chinesen längst nicht mehr nur nach Autozulieferern Ausschau halten. Die geplante Übernahme des angeschlagenen Solarunternehmens Sunways durch den chinesischen Wettbewerber LDK Solar beispielsweise passt nicht ins bekannte Beuteschema. Gleiches gilt für den Erwerb des Pumpenproduzenten Putzmeister für rund 360 Millionen Euro durch den Baumaschinenhersteller Sany Heavy Industry sowie den ebenfalls chinesischen Private-Equity-Investor Citic PE.