Citymarketing in Deutschland - wie Städte sich verkaufen

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Wie Städte sich verkaufen

Orts-Marken

Von Gudrun Weitzenbürger

Städtemarketing: Gewagte Slogans und bittere Wirklichkeit
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DPA

Städte müssen um Investoren werben, um Touristen und Einwohner. Wohlhabende Städte können das leichter. Doch wie macht man eine Stadt zu einer unverwechselbaren Marke? Während große deutsche Städte sich schwer tun im internationalen Vergleich mitzuhalten, wuchern kleine mit ihren Pfunden.

Hamburg - Der neue Flughafen wird nicht eröffnet, es gibt Konstruktionsfehler. Die S-Bahn wird auch nicht gebaut. Schulen funktionieren nicht, also schicken Eltern ihre Kinder auf Privatschulen. Die Autobahn soll gebaut werden: kontroverse Diskussionen ersticken die Pläne im Keim. Für das Dach des neuen Bahnhofes fehlte das Geld, es ist zu kurz geraten und in der neuen Akademie der Künste regnet es durch das undichte Dach.

Das ist Berlin. Die Hauptstadt schafft es einfach nicht, sich ein positives Image aufzubauen, eine gemeinsame Identität, die zu einer Marke führen könnte. Klaus Wowereits berühmter Ausspruch "arm, aber sexy" kam dem noch am nächsten - aber Immer wieder scheitert die Stadt an sich selbst und gibt sich ungewollt das Image einer Stadt, die nichts hinkriegt.

Berlin liefert keine guten Argumente für einprägsame Slogans erfolgreicher Stadt-Imagekampagnen, die derzeit von sich reden machen. Stadtväter schrecken nicht davor zurück, ihre großen und kleinen Gemeinden strategisch zu vermarkten und haben dafür das "City Branding", das Anpreisen und Verkaufen ihrer Städte, entdeckt. "Spontane Kult-Sager", so heißt es in der Werbesprache sollen die Stadt als Produkt bewerben. Das etwas faserige "be.berlin" beispielsweise, "Würzburg. Provinz auf Weltniveau" in Andeutung auf die Weinberge oder der vom Leben auf vier Daimlerrädern geprägte Slogan "Stuttgart - der Motor der Welt".

Größere Städte üben sich bereits seit rund zwei Jahren mit dem Anpreisen ihrer besten Seiten, haben ein größeres Budget, erfolgreichere Werbeagenturen. Was aber nichts über den Erfolg aussagt. Nach Simon Anholt nämlich, dem britischen Städteberater und jährlichem Ersteller des City Brands Index, wird die Stadt nur zur Marke, wenn man sie mit Leben füllt.

Anholt distanziert sich von Werbeagenturen und stellt fest, dass Orte von sich aus "brands", also Marken, sind. "Allein mit Marketing kann man das Image eines Ortes nicht aufbessern", verbreitet Anholt seine Marketinglehre. "Man muss ihn mit Leben füllen." Zu seinen Lieblingsstädten gehören Paris, Sydney und London. Schonungslos geht er mit Berlin um: "Wen stört es schon, wenn Berlin nicht mehr da wäre".

Ausgerechnet eine kleine Stadt wie Bamberg erweist sich als gute Schülerin von Anholts Marketingweisheit. Die fränkische Kleinstadt hat in Kunstkreisen Weltruhm. Sie gehört mit ihrem Domberg, der Museen mit Kunstschätzen aus der Gotik, der Romanik, dem Barock und der Renaissance beherbergt, zum Weltkulturerbe der Unesco. Der Krönungsmantel Heinrich II. ist in einem der Museen zu bewundern. Die Kunst kann sich in die Reihe der Kunstschätze mit Weltrang einordnen. Bamberg ist eine Marke.

Das wissen die Stadtväter. Allein diese Marke mit Leben zu füllen und Menschen emotional an sie zu binden, war das Problem. "Zwar besuchen jährlich rund sechseinhalb Millionen Besucher die Stadt", schätzt Bürgermeister Werner Hipelius, "aber nur ein Bruchteil geht ins Museum". Eine kleine, schlagkräftige Einheit aus Öffentlichkeitsarbeit und einheimischer Werbeagentur hat quasi über Nacht ein neues Signet für ihre Stadt geschaffen. In einem dreiviertel Jahr mit einem schmalen Budget von 15.000 Euro ist es entstanden.

Ein einheitlicher Verkauf der Eintrittskarten sowie ein Fußgängerleitsystem für die Museen, die in staatlicher und privater Regie geführt werden, soll folgen. Die Kosten für den gemeinsamen Auftritt tragen die Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern und die Stadt Bamberg gemeinsam. Nicht nur Touristen sollen die Museen besuchen, sondern auch die Einwohner aus Bamberg und Umgebung will man emotional an die Stadt binden. "Menschen haben eine genaue Vorstellung davon, wie eine Stadt aussieht", sagt Ulrike Siebenhaar, die die Stadt Bamberg mit der Öffentlichkeitsarbeit in der Arbeitsgruppe vertreten hat. "Wir wollen Bilder und Identität erzeugen".

Zwar wird Bamberg damit nicht als besonders lebenswerte Stadt auf dem City Brands Index eines Simon Anholt erscheinen, aber die fränkische Stadt ist dabei, eine wettbewerbsfähige Identität zu schaffen. Wohlhabende Städte sind bei ihren Bürgern beliebter und ziehen mehr Investoren an. Diese bringen Geld mit, es wird gebaut und es fällt mehr Geld für die Kultur ab. Das macht wiederum die Bewohner glücklich und lockt mehr Touristen an. Eine Wechselwirkung zwischen Wirtschaftswachstum und Image.

Es geht darum, so Anholt, die Orte nicht danach zu beurteilen, was die Politiker von ihnen sagen, sondern danach, was sie tun. Die Erfahrung hat auch die Marketingexpertin Helga Burgstahler gemacht, die sich gegen ein "kommerzielles Markenkonzept" wendet, das nur "massenhafte Gleichförmigkeit" verspricht.

Burgstahler hat als Marketing-Projektleiterin das Land Baden-Württemberg in die USA verkauft. "Werbeagenturen haben die Städtevermarktung entdeckt", sagt Burgstahler. "Doch sie können eine Stadt nicht wie ein Produkt verkaufen. Sie ist ein soziales System, das sich jede Minute ändert". Burgstahler, die in der staatlichen Wirtschaftsförderung des Landes Baden-Württemberg gearbeitet hat, findet Fußgängerzonen langweilig und in allen Städten gleich. "Werbeleute vereinfachen und stülpen über alles einen Masterplan", ist ihre Kritik.

Hannover will sich von dieser Gleichförmigkeit absetzen. In der eigens für die Entstehung der neuen Hannover-Marke gegründeten Holding für Wirtschaftsförderung, Marketing und Tourismus wurde in drei Jahren eine Strategie für die Vermarktung von Hannover entwickelt und unlängst mit einem neuen Logo vorgestellt.

In einer in der Vergangenheit breit angelegten Marktforschung stellte sich heraus, dass die Stadt an der Leine sich für viele positiv darstellt. "Doch die Menschen verbinden mit ihr keine Inhalte", sagt Michael Beck, Geschäftsführer der Holding. So fanden Workshops statt mit Vertretern aus der Bevölkerung, aus dem Marketing und dem Rathaus. Man stellte fest: Hannover hat eigentlich ideale Lebensbedingungen. Die Mieten sind günstig, die Stadt hat nachgewiesen den größten Grünanteil und es gibt ein gutes Kulturangebot.

So sehen es die Stadtväter. Ohne Werbung verbreitet sich allerdings diese Feststellung nicht. "Ich musste zunächst einmal die Politik vom notwendigen Marketing überzeugen", gesteht Beck, der aus der Wirtschaft kommt. "Auf der anderen Seite musste ich das Kommunale verstehen". Um die Stadt vom ewigen Image der Messestadt zu befreien, stand ein Budget von 250.000 Euro bereit, wobei der größte Anteil für die Marktforschung ausgegeben wurde. Eigentlich ist Beck jetzt "ganz happy" mit dem Ergebnis, auch wenn insbesondere das Logo kontrovers diskutiert wird. Aber anecken ist gut, sagt Beck, dann ist die Chance größer, dass etwas von der Botschaft beim Empfänger hängen bleibt.

Städte müssen sich international behaupten. Auch Stuttgart nimmt die Sache ernst. Für die nächste Oberbürgermeisterwahl im kommenden Oktober stellt die Stadt den Werbefachmann Sebastian Turner auf, der einst mit seiner Berliner Agentur Scholz und Friends den Slogan "Wir können alles - außer Hochdeutsch" für das Land Baden-Württemberg schuf. Ob so viel Werbung gut tut, werden dann die Bürger entscheiden.