Sachsen - Probebohrung bestätigt riesiges Zinnvorkommen

30.08.2012

Sachsen Probebohrung bestätigt riesiges Zinnvorkommen

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Rohstoffe: Zinnsuche in Geyer und Gottesberg
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dapd/ Deutsche Rohstoff

In Sachsen liegt eines der größten unentwickelten Zinnvorkommen der Welt, das zeigen die Ergebnisse neuer Probebohrungen. Das Metall, das für Elektrogeräte und als Kunststoffzusatz verwendet wird, ist weltweit knapp geworden.

Man würde sich nicht wundern, wenn irgendwann Winnetou und Old Shatterhand irgendwo auftauchten. Die wildromantische Felskulisse der sogenannten Binge am Ortsrand von Geyer im Erzgebirge erinnert an eine Freilichtbühne, perfekt für Karl-May-Festspiele oder ähnliches. Dabei hat einst die Gier der Menschen nach Metall für die Entstehung der bizarren Gesteinsformation gesorgt: Das mächtige Loch hat einen Durchmesser von rund 300 Metern - und ist bis zu 60 Meter tief.

In Hohlräumen des Geyersbergs hatten Bergleute seit dem 14. Jahrhundert immer wieder große Holzfeuer angezündet. Das Gestein erwärmte sich, dehnte sich aus - und platzte Schicht um Schicht von der Decke ab. Was zunächst ein vergleichsweise bequemer Weg war, um an erzhaltiges Material zu kommen, machte den Berg nach und nach immer instabiler. Mehrmals brach der ausgehöhlte Fels unter seiner eigenen Last zusammen, so etwa 1704 und 1803.

Nun drängen Metallsucher wieder in die Region - allerdings mit deutlich weniger rabiaten Mitteln. Neueste geologische Untersuchungen haben bestätigt, dass in Geyer und dem kleinen Dörfchen Gottesberg, einem Ortsteil von Muldenhammer im Vogtland, noch rund 160.000 Tonnen Zinn zu finden sein dürften. Nach Ansicht der Deutschen Rohstoff AG wäre es das größte derzeit bekannte unentwickelte Zinnvorkommen weltweit.

Die Firma gab am Donnerstag die Ergebnisse von aktuellen Probebohrungen bekannt. Auf Gottesberg entfallen demnach 115.000 Tonnen Zinn, bei einem Erzgehalt im Gestein von 0,27 Prozent. In Geyer sind der neuen Einschätzung zufolge 44.000 Tonnen Zinn zu finden, hier liegt der Erzgehalt bei 0,37 Prozent. Der Zinnpreis liegt derzeit bei etwa 20.000 Dollar pro Tonne. In den Lagerstätten gibt es außerdem noch größere Mengen Zink, Kupfer und Indium, die sich bei einem möglichen Abbau ebenfalls vermarkten lassen würden.

 


Zwischen November 2011 und April dieses Jahres waren in Geyer und Gottesberg insgesamt acht Bohrungen in den Grund getrieben worden - bis zu 400 Meter tief. So kamen um die 2150 Meter an Bohrkernen zusammen. Die Aufbereitung und Analyse des Materials hatten Labors in Schweden und Kanada übernommen. Neun Tonnen Probenmaterial wurden dazu nach Angaben der Firma von Chemnitz aus verschickt.

Die Lagerstätten waren zwischen 1964 und 1985 allerdings bereits von DDR-Geologen untersucht worden. Damals wurde Zinn in den - nach der Wende geschlossenen - Bergwerken Altenberg und Ehrenfriedersdorf abgebaut. Die geologischen Trupps suchten nach Vorkommen, um die realsozialistische Planwirtschaft weniger Abhängig von Importen zu machen. So kamen bei knapp 170 Bohrungen rund 60.000 Bohrmeter zusammen. Die Prognosen lagen damals etwas höher als die nun vorgestellten Daten.

"Wir sind sehr zufrieden mit den Ergebnissen der Bestätigungsbohrungen", gibt sich Thomas Gutschlag von der Deutschen Rohstoff AG trotzdem optimistisch. "Ein weiteres Bohrprogramm in Gottesberg soll noch in diesem Jahr starten". Der Firmenchef muss Zuversicht verbreiten - denn das Rohstoffgeschäft ist auch eines mit der Hoffnung. Längst nicht jedes angedachte Projekt wird auch realisiert.

"Man muss die Erwartungen dämpfen, dass da schnell abgebaut wird"

"Zinn gilt als langweiliges Metall, doch es wird dringend benötigt", wirbt Co-Firmenchef Titus Gebel. Verwendet wird das Metall für Elektrogeräte, Legierungen und als Kunststoffzusatz - und es ist knapp geworden. "Die großen Produzentenländer China und Indonesien haben ihre Höchstfördermengen bereits vor einigen Jahren erreicht, und seither geht es bergab", so Gebel.

Die neuen Ergebnisse stützen die Schätzungen aus DDR-Zeiten im Grundsatz - und die Erkenntnis, dass die Erzgehalte insgesamt recht niedrig sind. Die Metalle lassen sich außerdem - vor allem im Fall des Vorkommens in Geyer - nur schwer aus dem Gestein lösen.

Doch trotz der Schwierigkeiten hoffen die Zinnsucher, dass sich die Förderung in Gottesberg und Geyer doch lohnen könnte. "Man muss die Erwartungen dämpfen, dass da schnell abgebaut wird", gesteht Gutschlag im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE ein. Ein Vorlauf von fünf Jahren sei mindestens nötig - und viel Geld. Das soll vor allem von Investoren aus Asien und Australien kommen.

Die Ausbeutung der Vorkommen in Sachsen wird über ein kompliziertes Firmenkonstrukt vorangebracht: Die Heidelberger Muttergesellschaft ist Mehrheitseigentümerin der Firma Tin International Ltd. mit Sitz im australischen Brisbane. Diesem Unternehmen gehört wiederum die Sachsenzinn GmbH in Chemnitz - und in deren Auftrag laufen die Arbeiten.

Tin International soll in diesem Jahr in Sydney an die Börse gehen. Schon jetzt sind an der Firma Investoren aus dem Pazifikraum beteiligt. Sie trugen auch den Großteil der Kosten für die Probebohrungen - weil sie auf Sicherheit für ihre Investments hoffen. Mit Hilfe der neuen Ergebnisse wird das Vorkommen nach dem Standard des australischen Expertengremiums JORC ("Joint Ore Reserves Committee") klassifiziert. Die Prognosen für Geyer werden dabei derzeit etwas zuverlässiger eingestuft als die für Gottesberg.

"Wenn man auf dem Finanzmarkt Investoren sucht und dann mit DDR-Unterlagen kommt, weckt das nicht viel Vertrauen - obwohl die Erkundung damals sehr gründlich betrieben wurde", hat Chefgeologe Jörg Reichert der "Sächsischen Zeitung" erklärt. Die Rohstoffmanager wollen mit der neuen Klassifikation weiteres Geld einsammeln. Bei einem Börsengang der Tin International hofft das Unternehmen nach einem Bericht der "Börsen-Zeitung" auf Einnahmen von 16 Millionen Euro.

Ob die Firma tatsächlich einmal ein Bergwerk bauen lässt, ist freilich noch nicht klar. So muss die Aufbereitung des Erzes noch weiter untersucht werden - also wie sich die winzigen Metallpartikel aus dem umgebenden Gestein herauslösen lassen. Doch klar scheint: Deutschland ist wieder ein attraktives Ziel für Rohstofffirmen geworden. Allein das Sächsische Oberbergamt in Freiberg hat aktuell rund ein Dutzend Suchlizenzen an verschiedene Firmen vergeben.